Und das geschah in den letzten Jahren..... In der ersten Zeit nach der Fontan-OP ging es Johanna supergut. Wir konnten uns gar nicht sattsehen an ihrer neuen Hautfarbe und sie blühte richtig auf. Allerdings hatte sie 6 Wochen lang eine Flüssigkeitsbeschränkung von den Ärzten auferlegt bekommen,um das Risiko von Ergüssen möglichst niedrig zu halten, und das fand sie gar nicht gut. Wir mußten damals aufpassen wie ein Luchs, denn kein Wasserhahn war vor ihr sicher. Es dauerte noch ein paar Monate, bis sich der Erfolg der Operation auch auf der Waage niederschlug, denn sie hatte immerzu Untergewicht gehabt und sehr schlecht gegessen. Auch heute noch ist sie ein dürrer Hüpfer mit 126 cm und 21 kg, aber man kann nicht mehr jedes Rippchen zählen...:-) Und ihr Appetit ist inzwischen manchmal einfach unglaublich.
Einige Wochen nach der OP fing Johanna dann allerdings an, sich manchmal merkwürdig zu verhalten. Sie fing plötzlich an zu schreien, wurde wieder deutlich blau und ließ sich nicht beruhigen. Sie saß dann oft völlig verstört in einer Ecke und schrie und schrie. Ziemlich bald kam ich auf die schlaue Idee, währenddessen ihren Puls zu fühlen, und siehe da, er lag jeweils so um die 200.......Völlig aufgelöst saßen wir recht bald wieder bei unserem Kardiologen, der ein - wie sollte es auch anders sein - völlig unauffälliges EKG schrieb. Auch ein Langzeit-EKG brachte kein Ergebnis, aber als sich derartige Vorfälle wiederholten, bekamen wir einen EKG-Monitor verschrieben, der eine interne Festplatte besaß und alles aufzeichnete. Dort wurden dann endlich mehrere Episoden von Tachycardien festgestellt. Johanna wurde auf Cordarex eingestellt, welches gravierende Nebenwirkungen hat, und gerade bei kleinen Kindern nicht vorbehaltlos gegeben werden sollte, schon gar nicht über einen längeren Zeitraum. So kam es, das wir uns 2000, nach 1 Jahr Cordarex, in Hannover einfanden um eine EPU (Elekrophysiologische Untersuchung) bei ihr vornehmen zu lassen. Und siehe da, während der Untersuchung wurde rein gar nichts gefunden, und es ließen sich auch keine Tachycardien auslösen. Also wurde das Cordarex gänzlich abgesetzt und die Rythmusstörungen waren verschwunden.... Uns wurde erklärt, das die Tachycardien vermutlich aufgrund von Narbenbildung in der Nähe des Reizleitungssystems entstanden seien und nun wegen des Wachstums von Johanna (und natürlich auch des Herzens) von dort weggewachsen seien.... Seit der Fontan-OP war uns außerdem aufgefallen, daß Johanna's Puls nachts sehr stark abfiel, welches wir ja mit dem Monitor gut kontrollieren konnten. Zeitweise bewegte sich ihr Puls bei 35, was natürlich viel zu niedrig war. Weil sie aber zu der Zeit noch Digitalis (Lanitop) einnahm, welches die Herzfrequenz auch verlangsamt, wurde entschlossen, dieses abzusetzen. Seither bewegt sich Johanna's nächtlicher Puls zwischen 40 - 50, womit wir deutlich besser leben können... Allerdings ist sie dadurch morgens sehr zugequollen, und lagert immer noch Wasser ein. Darum sind wir seit ihrem 18. Lebensmonat von Lasix und Aldactone nie weggekommen, und kennen von daher sämtliche Toiletten in ganz Hessen...*gggg* Fast zeitgleich mit den Ryhmusstörungen tauchten urplötzlich Migräneanfälle bei Johanna auf, und wer selbst schon einmal einen Anfall (mit)erlebt habt, weiß sicher wovon ich spreche......Bis ich allerdings darauf kam, daß auch schon 3-jährige Kinder Migräne haben können, lagen schon einige schlimme Anfälle hinter uns. Innerhalb weniger Minuten erreichten diese Attacken das klassische Vollbild einer Migräne und wir waren anfangs sehr hilflos, weil nichts zu helfen schien. Trotz diverser Medikamente hatte Johanna rasende Kopfschmerzen, mußte sich immerzu übergeben, bis sie irgendwann vor Erschöpfung einschlief, um nach ca. 3 Stunden wie neugeboren und hungrig wie ein Bär zu erwachen. Inzwischen sind die Anfälle wesentlich seltener geworden, allerdings achte ich auch sehr auf genügend Schlaf und einen regelmäßigen Tagesablauf, soweit das möglich ist. Inzwischen bin ich nicht mehr zimperlich und gebe ihr bei den geringsten Anzeichen von Kopfweh sofort Ibuprofen-Saft, und das scheint vieles im Keim zu ersticken.... In der folgenden Zeit konzentrierten wir uns bevorzugt auf die Therapien, die wir schon teilweise seit Johanna`s 8. Lebensmonat durchführten. 2 mal in der Woche erhielt Johanna Krankengymnastik, 1 mal Ergotherapie und ebenfalls einmal Reittherapie. Dies half ihr enorm dabei, ihre teilweise gravierenden motorischen Probleme zu vermindern. Auch ihre Sprache machte endlich große Fortschritte, nachdem wir ihre Schwerhörigkeit (durch chronische Mittelohrergüsse wegen ständiger Mittelohrentzündungen) homöopathisch behandeln ließen. Allerdings ließ auch ihr Sozialverhalten sehr zu wünschen übrig, sie hatte riesige Angst vor anderen Kindern und versteckte sich oft im Kindergarten im Flur hinter ihrer Jacke....Ihre Frustrationstoleranz war sehr niedrig, sie traute sich nichts zu und hatte große Angst, etwas falsch zu machen. Dadurch das sie jahrelang körperlich nicht mithalten konnte, hatte sie sehr wenig Erfahrung im Umgang mit herumrennenden Kindern, und es dauerte sehr lange, bis Johanna etwas angstfreier in den Kindergarten ging und nicht mehr immerzu über den Haufen gerannt wurde........ Insgesamt verbrachten wir in den ersten 5 Lebensjahren von Johanna unglaublich viel Zeit in diversen Krankenhäusern ( Siegen, St.Augustin, Birmingham, Hannover, Bad Oeynhausen, Bonn ....), ebenso bei den unterschiedlichsten Ärzten wegen vielerlei Problemen, die mit ihrem Herzfehler in direktem Zusammenhang standen. Sehr schwer fiel uns auch der Gedanke von nun an ein blutungsgefährdetes Kind zu haben, da Johanna seit der Fontan-OP Marcumar zur Blutverdünnung nehmen muß. Wir lernten, ihr selbst Blut aus dem Finger abzunehmen, um die Gerinnung zu kontrollieren und somit die Tablettendosis anzupassen. War dies anfangs begleitet von hysterischem Geschrei, so macht Johanna es heute fast vollständig alleine (bis auf den eigentlichen Piekser). Nach der Fontan-OP wurde uns gesagt, daß das Marcumar einige Monate gegeben wird, bis die Fensterung per Schirmchen mittels eines Herzkatheters verschlossen wird. Allerdings ist Johanna's Fensterung 5 Jahre später noch immer offen und wird auch noch vom Körper gebraucht und darum so belassen. Aufgrund von starken Turbulenzen im Stumpf der abgetrennten Lungenschlagader (Pulmonalis) sowie den Herzrythmusstörungen wurde entschieden, daß Johanna lebenslang Marcumarpflichtig sein wird....:-(( Seitdem hatte sie drei Unfälle unter Marcumarisierung, die allesamt zum Glück recht glimpflich abliefen. Der heftigste davon ereignete sich im Kindergarten, wo sie unglücklich auf den Kopf stürzte und anschließend über Kopfweh und Übelkeit klagte. Als ich Johanna abholte, mußte sie sich schon übergeben und ich beschloß, sofort zu unserem Kinderarzt zu fahren. Unterwegs wurde sie bewußtlos, nachdem sie sich erneut übergeben hatte. Mit zitternden Knieen und einem leblosen Kind im Arm rannte ich in die Praxis und unser Arzt zögerte nicht lange und rief einen Notarztwagen. Und schon waren wir mit Blaulicht und Sirene mit Verdacht auf eine Hirnblutung unterwegs in die nächste Kinderklinik..... Dort eingetroffen, kam Johanna glücklicherweise wieder zu sich, und es stellte sich "nur" eine Gehirnerschütterung heraus, so daß wir am nächsten Tag wieder nach Hause gehen durften. Spätestens ab diesem Tag dämmerte es uns, was es bedeutet ein Kind mit herabgesetzter Gerinnung zu haben.... Ca. 2 Jahre nach der letzten OP entwickelte sich eine Engstelle vor der Aorta (Körperschlagader), eine sog. sanduhrförmige Subaortenstenose. Diese ist zum Glück bis heute unverändert eher leichtgradig geblieben, sollte sie sich verschlechtern, müsste Johanna erneut operiert werden.......:-( (Inzwischen leider eingetreten, siehe OP Nr. 4 im Menü...) Heute geht es Johanna ziemlich gut, sie kann endlich Fahrrad fahren, nachdem sie sich dies zwar sehnlichst gewünscht aber nicht getraut hatte zu lernen. Allerdings ist sie nach wie vor nicht wirklich gut belastbar und braucht bei längeren Wegstrecken, Ausflügen, Wanderungen usw. immer Begleitung, um ggfs. mal ein Stück getragen oder im Kinderwagen gefahren zu werden. Sie wird im Dezember 9 Jahre alt und geht nun in die 3. Klasse, wo sie einen Integrationsplatz und einen Zivi bekommen hat, worüber wir alle sehr froh sind, da sie ihren Ranzen nicht alleine tragen kann und so auch in den Pausen immer jemand ein Auge auf sie hat, falls sie sich einmal verletzen sollte oder es ihr einfach mal nicht so gut geht. Die Zusammenarbeit mit ihrer Lehrerin Fr. Betz funktioniert wunderbar, worüber ich sehr dankbar bin, da dies nicht selbstverständlich ist. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Sie, Frau Betz, ich bin sehr froh, das Sie Johanna's Klassenlehrerin geworden sind ! Aufgrund von unerklärlichen Synkopen (Bewußtlosigkeit) im letzten Sommer wurde ihr im Januar 2004 ein sog. Event-Rekorder implantiert. Näheres dazu unter dem Menü-Punkt "Aktuelles"... Johanna im Winter 2002 Johanna hat sich trotz immenser Probleme, bisher 13 Krankenhausaufenthalten, vieler Schmerzen, Entbehrungen und Rückschlägen erstaunlich gut entwickelt, hat viele Freunde und ist ein lebensfrohes Mädchen geworden. Ich bin unsagbar froh, mich damals FÜR die Behandlung entschieden zu haben !!! Insgesamt waren die fast 9 letzten Jahre die schlimmsten, aber zugleich auch die schönsten in meinem Leben, da Johanna mich täglich lehrt, das nichts, aber auch gar nichts auf dieser Welt selbstverständlich, sondern es ein tägliches Geschenk ist, meine Kinder aufwachsen zu sehen. Johanna's Erkrankung hat sehr vieles verändert in unserem Leben, nicht zuletzt die Sichtweise, mit der ich mein heutiges Leben betrachten kann. Möge Gott uns noch viele gemeinsame Jahre schenken.....
Sommer 2003 Johanna 22.7.2004
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